Als einen Sargnagel der Demokratie, so lies uns es die Presse wissen, hatte
Norbert Lammert die Vorgänge um die Dissertation des ehemaligen Verteidigungsministers
Freiherr von und zu Guttenberg genannt. Damit meinte er aber mitnichten die unredliche Art und Weise, in der besagter Freiherr sich seine Dissertation erschlich. Und in der Tat ist dies nach einigem Nachdenken kein Skandal, nicht einmal ein Skandälchen. Es ist der hilflose Versuch etwas sein zu wollen, was man nicht ist, was man nie sein wird und zu dem jede ernsthafte Befähigung fehlt. Aber das ist gewissermaßen Schnee von gestern und erst im nächsten Winter wieder aktuell.
Was Norbert Lammert so beschäftigte, waren die so genannten "Begleitumstände". Der völlig missglückte Versuch des Freiherrn sich aus der Affäre zu ziehen ist dabei in meinen Augen nur der geringste Aspekt. Was soll er auch tun, der arme Tor? Auf frischer Tat beim Süßigkeiten naschen ertappt, sagt der Kleine Übergewichtige "Ich war's nicht". "Natürlich nicht" sagt die Mutter und verhängt Hausarrest.
Der eigentliche Skandal um den Freiherrn von und zu Guttenberg ist es, das sich eine gesamte politische Front nicht entblödete, die Bevölkerung für dumm zu verkaufen. All die Unterstützungsbekundungen mit ihren mehr als zweifelhaften Rechtfertigungen haben dem denkenden Menschen eindrucksvoll vor Augen geführt, das in Deutschland mit zweierlei Maß gemessen wird. Und schlimmer noch: das dies nicht aus ehrenhaften Motiven geschieht.
Ich möchte das auch gar nicht allzu breit ausschlachten. Die gesamte Affäre Guttenberg ist bestens und ohne digitalen Radiergummi im Gedächtnis des Internets archiviert und jeder der möchte, kann sich sein eigenes Bild von einer armselig agierenden Kanzlerin, einer lavierenden FDP, einer ohnmächtig-sehnsuchtsvollen CSU und einer völlig überforderten Opposition machen.
Allerdings sollte man die Befürchtung des Herrn Lammert, sollte man den Gedanken an einen Sargnagel der Demokratie noch nicht beiseite legen. Denn die gleichen Menschen, die diesen Sargnagel nicht nur geschmiedet und mit aller Wucht ins Holz getrieben haben, haben möglicherweise nichts dazu gelernt.
Das was in den vergangenen Tagen unter dem Eindruck der schweren Naturkatastrophe in Japan geschehen ist, lässt mich fassungslos staunen. Eine Regierung, die bis an die Zähne bewaffnet einem Volk eine Verlängerung der Laufzeiten von alten Atommeilern in Deutschland aufgezwungen hat, flüchtet sich nun aus wahlkampftaktischen Gründen in die Arme der AKW-Gegner. Der waidwunde Mappus ist im Bild, als die Kanzlerin die Schliessung alter Meiler verkündet.
Das Verhalten der Regierungsparteien ist durchschaubar und legt eine Vermutung nahe. Die Kommentare in der Presse weisen hierzu den Weg. Es wird Wahlkampf betrieben.
Aber sollte sich dieses Vorgehen tatsächlich lediglich als Wahlkampf erweisen, sollte die Verlängerung der Laufzeiten nicht endgültig zurückgenommen werden, sollte sich das jetzige Verhalten als purer Stimmenfang und Volksveräppelung erweisen, dann stehen den ehemaligen Verfechtern der Atomenergie schwere Zeiten ins Haus.
Die Nägel für ihren Sarg haben sie dann selbst geschmiedet. Einschlagen werden sie Andere.