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Gedankenschnippsel - 1

Sein eigenes Leben zu leben, sich nicht beirren zu lassen und stets dem Herzen zu folgen statt sich von Zwängen durch die Welt schieben zu lassen ist eine Wunschvorstellung. Man will uns glauben machen dass wir frei sind, frei sein könnten. Doch lassen wir uns nichts vormachen. Niemand , der nicht ganz alleine in der Welt ist kann jemals völlig frei sein. Vielleicht der Eremit, vielleicht der einsame Denker in seiner Kammer, vielleicht gelingt es uns als Illusion, wenn wir uns ganz einer Sache widmen, uns für diese eine Sache eine Zeitlang nicht beirren lassen, uns abkapseln und uns in eine zeitweilige Einsamkeit verabschieden. Eine produktive Einsamkeit, eine künstlerische, eine geistige Einsamkeit. Dann treten wir gleichsam aus uns heraus und kehren unser Innerstes nach Außen um es später dann, im Außen als unser Innerstes zu präsentieren. Aber geht das? Das Innere im Außen zu zeigen, es gar erklären zu wollen. Zu behaupten da wäre sie dann - die Freiheit?

Aber was wäre sie dann - diese Freiheit des Inneren im Außen? Sie wäre etwas, dass beschrieben werden will, erklärt werden soll, sie wäre keine Freiheit, es wäre nicht einmal mehr ein Inneres, das noch nur dann das Innerste sein kann, solange es - eben - Innen ist. Und doch liegt etwas Freiheit darin, nur eben nicht mehr die eigene.

Das Innere nach Außen gekehrt ist nicht mehr es selbst. Es ist etwas Neues, Ein Versuch, Und häufig ein Versuch, der einlädt, der Mut macht, den anregt und manchmal auch aufregt. Es ist etwas, dass die Welt reicher macht, weil es eben noch verschlossen und quasi nicht existent in der Welt nun als etwas Neues nach Außen tritt. Sichtbar wird, lesbar, hörbar, unfassbar, Und das selbst anfasst. In die Gedanken anderer eindringt, dort zum Inneren eines anderen wird. Wieder Innerstes wird. Neu eindringt. Ja - eindringt in das Innere, also auch sinnlich ist in einem Sinne der uns berührt, uns verändert, stärkt und schwächt.

Und da ist sie wieder - die Freiheit. Dann doch in uns drin um das Neue, das Eingedrungene in uns aufzunehmen und zu unserem zu machen. Zu unserem Innerste. Solange wir es da drin lassen, es aufnehmen, absorbieren, modellieren, in uns anpassen und uns an es anpassen, solange sind wir frei damit.

#niewieder

Bundesarchiv_B_285_Bild-04413,_KZ_Auschwitz,_Einfahrt

In Deutschland hat es nie aufgehört dass es in der Bevölkerung antisemitische und rassistische Haltungen gab. Wir haben es uns allerdings irgendwie immer eingeredet das Thema wäre klein, dabei kann dieses Problem niemals klein sein.
Grundsätzlich nicht und für uns, mit unserer besonderen Geschichte ohnehin nicht.

Ohne hier Geschichtsunterricht betreiben zu wollen möchte ich dennoch eines festhalten. Der Nationalsozialismus und der Holocaust sind und bleiben das Sinnbild für Verrohung, Brutalität und Unmenschlichkeit schlechthin. Diese Ereignisse sind so unfassbar unmenschlich, so unfassbar grausam wie sie auch vermeidbar gewesen wären in einer aufgeklärten und denkenden Gesellschaft.
Das wir heute in einer Situation stehen, in der wir darum kämpfen müssen die Bedeutsamkeit des damaligen Geschehens für unsere heutige Gesellschaft wach zu halten ist für mich nur schwer nachzuvollziehen und kaum erträglich.

Da Bilder manchmal mehr sagen als Worte möchte ich denjenigen, die glauben wir könnten mit unserer Geschichte abschließen folgendes Bildgleichnis mit auf den Weg geben.

Die Nationalsozialisten sind keine abstrakte Gruppe. Das waren wir - die Deutschen!
Die Nationalsozialisten haben zwischen 5,6 und 6.3 Millionen Juden getötet.
Wenn man diese Toten aufeinanderlegen würde und für jeden dieser geschundenen Körper 20 Zentimeter aufrechnet, dann haben wir einen Leichenturm von 1.200 Kilometern aufgeschichtet.
1.200 Kilometer tote Körper, unvollendete Schicksale und Menschengeschichten.
Ein 1.200 Kilometer hoher Turm der aus der Vergangenheit noch immer gut sichtbar in unsere Zeit ragt und der mitsamt all der Schuld die mit ihm verbunden ist auch noch dann sichtbar sein wird, wenn wir uns weit in die Zukunft bewegt haben werden.

Diejenigen die nun Schluss machen wollen mit einem “Schuldkult”, die wollen sich nicht mehr umdrehen und nicht mehr nach hinten schauen. Sie wollen voranschreiten.
Aber sie werden orientierungslos umherirren, denn dieser Turm ist der Kompass, er ist die Landschaftsmarke unseres politischen Denkens die uns Orientierung gibt und uns vor Irrwegen schützt.

Es ist ein großes Missverständnis zu denken, wir wollten auf ewig dass die Menschen in unserem Land sich schuldig fühlen. Ich fühle mich nicht schuldig für die damaligen Geschehnisse.

Ich - und ein jeder von uns - sollte sich aber schuldig fühlen, wenn wir unsere Geschichte vergessen und wider besseres Wissen unseren moralischen Kompass in die Büsche werfen um letzten Endes auf alten Irrwegen zu wandeln.