Erst kürzlich hatte ich einige Gedanken niedergeschrieben zum Thema “Helfende Hände schlägt man nicht”. Da ging es um die Ereignisse an Silvester, als überwiegend in Berlin (so der Pressetenor) einiges aus dem Ruder lief, Rettungskräfte und Polizei attackiert wurden und daraus eine – von mir als reflexhaft empfundene – Debatte einige Tage lang die Presselandschaft dominierte. Am Ende gipfelte das in den Äußerungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, der mit seiner Formulierung “kleine Paschas” den Weg hin zu einer Migrations- und Integrationsdebatte einschlug.
Die Gewalt gegen die Einsatzkräfte und die Polizei war da dann schnell kein Thema mehr. Schade Schokolade für Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste.
Gestern dann ein Ereignis in Trier – 40 Idioten gehen auf die Polizei los. Das ganze löst bundesweite Schlagzeilen aus und sowohl aus der Stadt, als auch aus der Landespolitik beeilen sich alle “politisch berufenen”, schnellstens Ihre Solidarität mit der Polizei zu bekunden, das Geschehene zu verurteilen, nach harten Konsequenzen für die Täter zu rufen und zu beteuern, dass dieser “Angriff auf uns alle” nun wirklich dazu führen müsse, dass sich was ändert! (sic!)
Schnellere Strafverfolgung. härtere Urteile, mehr Aufmerksamkeit und und und …
Ich überlege nun, ob ich mich ärgern soll oder das Alles gelangweilt beiseite lege und den rest der Diskussion nicht einfach ignorieren soll …
Ich werde letzteres tun, denn im Grunde habe ich meine Auffassungen und Forderungen im oben verlinkte Artikel meines Blogs schon kundgetan. Doch ein Punkt treibt mich dann doch noch ein wenig um, und den möchte ich hier kurz streifen. Denn mitunter fehlt es bei diesen Themen der “Gewalt gegen Einsatzkräfte” an einer – meiner Meinung nach – wichtigen Differenzierung:
Ganz oft wird von “Gewalt gegen Einsatzkräfte” gesprochen und werden solche Ereignisse als Angriff gegen die gesamte “Blaulichtfamilie” und die BOS-Organisationen thematisiert und zusammengefasst. Hier zeigt sich eine große Solidarität aller betroffenen Organisationen untereinander und das ist großartig. Denn es liegt in der Natur der Sache, das alle beteiligten Organisationen ganz oft zusammenarbeiten, aufeinander angewiesen sind und im jeweiligen Selbstverständnis die “Helfenden Hände” sind. Das ist richtig so – das stimmt! Aber mitunter stimmt es auch nicht, Und hier wird es ein wenig schwierige, weil differenzierter und komplexer.
Es war heute in den sozialen Medien zu beobachten, dass im Zuge der Berichterstattung über die Vorkommnisse in Trier auch schnell Solidaritätsbekundungen aus den Organisationen der Feuerwehr und der Rettungsorganisationen geäußert wurden. Das ist auch gut und richtig. Einerseits: Denn Andrerseits verwischen sich dadurch auch Grenzen und Unterschiede zwischen den Organisationen und der Polizei.
Denn diese Form der Solidarisierung birgt auch ein Risiko. Sie befördert die Wahrnehmung, dass es zwischen all den “Helfenden Händen” keine Unterschiede gäbe. Sie befördert eine Gleichheit in der Außendarstellung, die einer Gleichheit in der Realität nicht entspricht. Denn es macht einen Unterschied, ob die Polizei angegriffen wird in einer Situation z.B. eines Verkehrsunfalls, in der man eng mit der Feuerwehr gemeinsam einen Einsatz abarbeitet, oder ob die Polizei angegriffen wird, wenn sie in Ihrer originären Funktion als Ordnungskraft unterwegs ist und das Gewaltmonopol des Staates vertritt.
Seine wir uns im Klaren – es gibt Situationen und Bevölkerungsgruppen, für die ist die Polizei in diesem Moment der “Feind”. Es ist der Gegner,gegen den man antritt. Bei Demonstrationen, bei Massenveranstaltungen, bei politischen Gipfeln, bei allen möglichen Gelegenheiten, bei denen man sich gegen einen Staat positioniert, den man selbst wiederum als Gegner oder zumindest als zutiefst mangelbehaftet und ungerecht empfindet. Hier ist die Polizei in aller Regel der Sündenbock für etwas Anderes, denn die Polizei ist es, die das “Recht” durchsetzt, im Zweifelsfalle eben auch mit Gewalt.
Diese völlig andere Funktion der Polizei dürfen wir nicht aus den Augen lassen. Angriffe auf die Polizei sind eben nicht immer gleichzusetzen mit Angriffen auf “Einsatzkräfte”. Wer diesen Unterschied nicht macht, läuft Gefahr, “Einsatzkräfte” und Polizei zunehmend in der öffentlichen Wahrnehmung gleichzusetzen und läuft Gefahr, Gewalt gegen “Einsatzkräfte” außerhalb der Polizei vielleicht noch zu fördern.
Das mag für manche wie Klugscheißerei klingen oder wie Erbsenzählen. Ich denke jedenfalls das eine differenzierte Betrachtung hier notwendig ist, wenn wir die verschiedenen Formen von Gewalt und Ihre Ursachen verstehen wollen. Ich glaube, dass wir nur mit diesem differenziertem Blick weiterkommen in unseren Bemühungen, Gewalt gegen die Polizei, gegen die Blaulichtfamilie, gegen Rettungsorganisationen umfänglich zu analysieren, um Lösungen und Strategien für diese Thematik zu finden.
Als Feuerwehrmann gilt meine Sympathie und mein Mitgefühl den Polizisten in Trier. Sie genießen meine Solidarität, mein Mitgefühl, meine Untertstützung. So etwas ist nicht akzeptabel und die Täter sollen identifiziert und nach Möglichkeit schnell und hart bestraft werden.
Das was dort geschehen ist war allerdings kein Angriff auf die gesamte Blaulichtfamilie und auf alle “Einsatzkräfte”. Es war ein inakzeptabler Angriff auf die Polizei. Und es war ein inakzeptabler Angriff. auf Menschen die sich für das Gemeinwesen und die Sicherheit Aller einsetzen.