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Sie haben die Wahl

Für uns alle ist die Bundestagswahl 2013 gelaufen. Wir haben einen Wahlkampf über uns ergehen lassen, der streckenweise den Namen nicht verdient hatte, dem es aber dennoch, zumindest dem Ende zu, es einer gewissen Dramatik und Spannung nicht fehlte.
Wie bei keinem Wahlkampf zuvor wurde auch darum geworben, überhaupt wählen zu gehen. Mit den unterschiedlichsten, teils recht albernen Kampagnen wurde dem deutschen Wahlberechtigten erklärt, warum er wählen soll und wie unmöglich es wäre, der Wahl fern zu bleiben. Darüber kann man im Übrigen zu Recht sehr unterschiedlicher Meinung sein, wenngleich ich persönlich sogar eine Wahlpflicht in Erwägung ziehen würde. Nicht-Wähler aber beinahe als asozial zu stigmatisieren, wie es ein Leitartikel einer weit verbreiteten Wochenzeitschrift erklärte, das ging aber doch zu weit.
Die Wahl ist Vergangenheit und nun sind wir mit dem Ergebnis konfrontiert:
Über 6 Millionen abgegebene Stimmen finden keinerlei Berücksichtigung im Parlament. Meine Hoffnung, die FDP würde endlich einmal draußen bleiben ist in Erfüllung gegangen. Allerdings um den Preis, das ca. 2,1 Millionen gültige Stimmen durch unser Wahlsystem im Papierkorb landen. Ein hoher Preis.
Weitere über 1 Million Stimmen bei den Piraten und etwas mehr Stimmen als bei der FDP sind es bei der AfD. Auch hier bin ich zufrieden, dass diese Partei nicht im Parlament sitzt, dennoch ist der Preis hoch – sehr viele Menschen haben gewählt und finden nun keinerlei Widerhall im Parlament der nächsten vier Jahre. Wen wundert da noch Politikverdrossenheit und sinkende Wahlbeteiligungen? Hier wird dringend eine Diskussion benötigt, wie man allen gültigen Wahlstimmen eine Möglichkeit gibt an der politischen Gestaltung des Landes mitzuwirken. Ideen gibt es von der Drittstimme bis hin zum Wegfall der 5% Hürde. Hier ist eine Ergebnisoffene Diskussion dringend angesagt.

Das eigentliche Ereignis ist das Wahlergebnis selbst. Ich glaube nicht, dass es das schon einmal gab. Einen haushohen Gewinner, der zugleich der eigentliche Verlierer der Wahl ist. Die CDU hat ein sehr gutes Ergebnis eingefahren, ist mit Abstand stärkste Fraktion und hat dennoch verloren – die Regierungsmöglichkeit hat sie zunächst abgegeben. Ganz klar gibt es, wenn man in Lagern denkt – eine Mehrheit jenseits der CDU. Das ist die eigentliche Nachricht: Der Vasall ist tot und der König kann sich alleine nicht helfen. Das ist ein Umstand, der in der aktuellen Berichterstattung einen erstaunlich geringen Widerhall findet: Im Grunde hat die CDU die Wahl verloren, denn wenn sie es schaffen sollte einen Koalitionspartner mit ins Boot zu holen wird es auf der inhaltlichen Seite sehr teuer für die CDU werden. Denn hier – um noch einmal auf das Lagerdenken zurückzukommen – hat sich die CDU sehr weit von den anderen Parteien und von den Wünschen der Menschen entfernt (immer zu Bedenken, das es der Vasall nicht geschafft hat und nicht dabei ist!). Die CDU ist gewissermaßen isoliert und alleine mit ihren Meinungen und Ansichten. Im Parlament.

Es bedeutet ganz offensichtlich, das die CDU nun bei zentralen Themen Entgegenkommen zeigen muss. Sie muss sich einerseits von wichtigen Dingen verabschieden und andererseits wird sie ein Zeichen setzten. Über Inhalte kann man immer reden – wenn man unbedingt regieren möchte. Dieser Umstand ist nicht zu unterschätzen. Denn bei aller Gefahr für die SPD bedeutet es auch: Es wird wieder ein Stück Ehrlichkeit geopfert. Denn konsequenterweise kann es in der jetzigen Situation nur eine Lösung geben:
Wenn die Stimme des Wählers gleichzusetzen ist mit der erklärten Absicht der Parteien für ihre Inhalte einzutreten, wenn die Parteien uns allen endlich ein Zeichen setzen wollen:
“Unser Programm und unsere Inhalte sind uns wichtig und wir werden bis zuletzt dafür eintreten – also wählt uns”
Wenn Politik wieder für die Meinung von Menschen eintreten will, dann muss sie sich auch faulen Kompromissen verweigern dürfen. Dann muss es, wie bei dieser Wahl – ungeachtet dessen was vorher war erlaubt sein zu fragen:

Wie könnt Ihr eine Mehrheit verschenken – noch dazu an einen Wahlverlierer?

Was wäre die Botschaft einer solchen Politik.

Twitter (1)

Immer wieder mal so:
Warum ich Twitter gut finde!


Tagesschau vom 05.09.2013

Kaum habe ich meine neue Kategorie "Auf's Maul geschaut" ins Leben gerufen, liefert mir Jörg Schönenborn in den Tagesthemen mit seiner Kommentierung des Deutschlandtrends den Anlass für den nächsten Artikel:

In den Kommentierung der Zahlen verwendet Schönenborn bezugnehmend auf den anhaltenden Abwärtstrend in der Sonntagsfrage (ausgehend von dem Hoch von 24%) den Rückgang Der Grünen auf nunmehr 10% als "Schwindsucht".

Dieses Wort möchte ich nun einmal kurz so stehen und wirken lassen.

(Schwindsucht, Schwindsucht, Schwindsucht ,lalalalalalaaaaa, Schwindsucht)

O.K.: Was hat er vielleicht gemeint? Er wollte wohl zum Ausdruck bringen, dass dieser Rückhgang um 14 Prozentpunkte eine echte Nummer ist, das es viel ist, das es vielleicht auch bemerkenswert viel ist. Er meinte vielleicht auch zum Ausdruck bringen zu müssen, das Die Grünen "schwächeln", wohl Fehler gemacht haben müssen, denn ein solcher Rückgang ist ja kein Zufall, sondern die Folge von etwas. Vermutlich die Folge dessen, das man vielleciht die falschen Themen besetzt hat, vielleicht den falschen Ton angeschlagen hat oder vielleicht ...
Nun, darüber kann und soll er sich Gedanken machen und kann und soll er die Themen und Ereignisse der letzten Zeit als Erklärung für den fotwährenden Zustimmungsverlust in der Sonntagsfrage bemühen. Das ist Teil seiner Aufgabe.

Was hat er nun aber gesagt? Gesagt hat er "Schwindsucht". Er bezeichnet den Rückgang in der Zustimmung zur Sonntagsfrage in Bezug auf Die Grünen als Krankheit. Er attestiert der partei eine gewisse Form von Siechtum. Und eine Krankheit ist ja auch immer etwas das therapiert werden muss. Diese Partei braucht also Hilfe.
Andererseits ist so eine Krankheit ja aber auch anstecken, potentiell gefährlich. Vielleicht muss man sich also die Hände waschen, wenn man es mit den Grünen zu tun hat? Am Besten vielleicht ganz die Finger davon lassen? Sollte man sie am Ende gar in Quarantäne stecken?

Nun ja, der Begriff Schwindsucht lässt hier viele Möglichkeiten und Konnotationen offen. Ich denke das er nicht auf viele Menschen in diesem Zusammenhang so abschreckend gewirkt hat, wie auf mich (abschreckend in Bezig auf die Verwendung, nicht auf die Grünen). Ich bin mir aber sicher, das die Verwendung solcher Begriffe besonders in einem Medium wie den Tagesthemen, welche ja für Unabhängigkeit und neutrale Information stehen, eine unterschwellige Wirkung entfalten. Diese Sorglosigkeit mit der nun solche Begriffe Eingang in die Sprache der Berichterstattung gefunden haben, nervt mich.
Ich unterstelle Herrn Schönenborn vorläufig nicht, dass er diesen Begriff in der Absicht gewählt hat unterschwellig daran mitzuwirken, den Abwärtstrend der Grünen zu befördern oder beizubehalten. Aber unabhängig davon ob es nun Absicht war oder nicht ist, ist er nicht verantwortungsvoll seiner Aufgabe nach neutraler Berichterstattung nachgekommen. Die Vorstellung des Deutschlandtrends ist keine Bühne für eine unterschwellige Botschaft und keine Bühne für Kommentierung. Wenn Herr Schönenborn Kommentieren möchte, dann soll er diese Kommentare auch deutlich als solche kennzeichnen.

Nun - das ist also ein Beispiel dafür, warum ich diese Kategorie ins Leben gerufen habe. Beim nächsten "Aufreger" melde ich mich wieder.

Journalismus und die Verantwortung für Sprache

Ich habe mich dazu durch gerungen eine neue Kategorie einzuführen: "Auf's Maul geschaut"

Seit geraumer Zeit beschäftigt mich die Frage, wie sehr die Art und Weise in der man Dinge formuliert und welche Sprache man benutzt beeinflusst, was letzten Endes verstanden wird. Es ist mir völlig klar, dass man sich derber Sprüche, blumiger Ausdrücke, eloquenter Verschleierungen oder was auch immer bedient um den eigenen Worten einen besonderen Drive zu geben.

Aber wie weit darf das eigentlich gehen? Und wie weit darf es gehen, wenn man Journalist ist?

Ich empfinde Presseberichterstattung in Deutschland zunehmend als manipulativ. Das ist nichts Neues, denn besonders in der Politik wird natürlich immer mit manipulativer Sprache gearbeitet. Das ist auch nicht mein Problem, auch nicht im Journalismus. Denn in der Regel kann man anhand des Absenders ganz klar erkennen, wie man dessen Sprache zu werten hat. Man kann es "zurückübersetzen".

Das aber ist mein Problem. Zunehmend erlebe ich Berichterstattung in Deutschland, unabhängig des Mediums, als problematisch. Ich weiß auch nicht so genau wo es herkommt und beginne eigentlich gerade erst mir des Problems bewusst zu werden und darüber nachzudenken. Bisher störten mich schon häufiger eintzelne Formulierungen. Mal im Radio, dann wieder in der Tageszeitung, bei einem Online-Bericht und BÄM! - in der Tagesschau!
Diese Gefühl, dass dort etwas nicht in Ordnung ist kam zunächst meist hinterher. In der Diskussion mit Freunden, Arbeitskollegen oder der Familie. Mir hatte der Bericht so eingeleuchtet - er passte in mein Weltbild. Ich bewehrte mich mit seinen Worten, seinen Formulierungen und zog in die Diskussion. Und stellte immer öfter fest - jemand der andere Quellen zitierte, der andere Medien konsumierte, konnte mit den gleichen Argumenten zu anderen, besseren Schlüssen kommen.
Aber auch das ist eigentlich nicht ungewöhnlich.
Was mich aber dennoch zunehmend beschäftigte war, dass ich zunehmend auf einzelne Wörter, einzelne Formulierungen und Phrasen aufmerksam wurde, deren einhellige Verwendung in allen Medien ich mir nicht erklären konnte.

Kurz gesagt - ich wurde immer hellhöriger und immer sensibler für die genaue Wortwahl und stellte fest, das aus meiner Sicht da etwas im Argen liegt.Ich bin mir immer noch nicht sicher was es ist - und woran ich es genau festmachen kann, aber ich erlebe einen immer weiter aufklaffenden Riss zwischen dem, was deutsche Journalisten an Anspruch formulieren und dem, was sie tatsächlich tun.

Möglicherweise hat dies eine Ursache in den schwierigen Umständen in denen sich gerade das geschriebene Wort heute befindet. Es gibt eine intensive Debatte über die Zukunft der Tageszeitungen und über den Weg, den Journalismus in den Zeiten fortschreitender Digitalisierung und Demokratisierung gehen wird. Aber auch den widrigen Umständen eines solchen Umbruches sollte es nicht geschuldet sein, das man eines der höchsten Güter des Journalismus opfert:

Unabhängigkeit und Sorgfalt in der Information.

Ich trenne dies bewusst in dieser Deutlichkeit von dem, was Journalismus ebenfalls kann und leisten soll: Ordnen und kommentieren.
Die Berechtigung dazu kann sich Journalismus insgesamt aber nur durch eines verdienen: ungeachtet irgendwelcher Interessen muss er Umstände und Tatsachen wertfrei beschreiben. Nur dann kann er sich die Reputation und das Recht erwerben, diese Umstaände und Tatsachen aus Blickwinkeln zu bewerten. Jenes Medium von dieser Seite und dieses Medium von jener Seite. Aber eines muss gewährt sein: Die Trennung von Information und Meinung.
Das vermisse ich zusehend und werde diese Gedanken in der Kategorie !Auf's Maul geschaut" verfolgen und verfeinern um mir Klarheit zu schaffen.

Ein Experiment für mich, und für diejenigen die Lust haben es zu verfolgen. Als Vorbereitung und weil ich ansonsten außer meiner inneren Verfassung noch nicht viel zu bieten habe ein kleines Beispiel. Hier sind die Überschriften zweier Berichterstattungen aus einer Zeitung. Welche gefällt Euch besser? Was sagt Euch die jeweilige Überschrift, ohne das Ihr in die Artikel einsteigt? Welche Bilder und welche Emotionen habt Ihr? Und: solltet Ihr welche haben, wenn es um "Berichterstattung" geht? Lasst es auf Euch wirken und überprüft Eure Erwartungen anschließend anhand der Artikel.

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